Shantaram - Roberts, G: Shantaram - Shantaram by Roberts Gregory David

Shantaram - Roberts, G: Shantaram - Shantaram by Roberts Gregory David

Autor:Roberts, Gregory David [Gregory David Roberts]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783641012175
Herausgeber: PeP eBook


DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL

Sobald es um Rechtsfragen geht, herrscht überall auf der Welt, in jeder beliebigen Gesellschaft, die gleiche Herangehensweise«, erklärte mir Abdel Khader Khan, mein Mafia-Boss und Ersatzvater, als ich ein halbes Jahr in seinen Diensten stand. »Unsere Gesetze, Ermittlungen, Anklagen und Strafen orientieren sich daran, inwieweit eine Sünde ein Verbrechen ist, nicht daran, inwieweit ein Verbrechen eine Sünde ist.«

Wir saßen im geschäftigen, feuchtwarmen, von wunderbaren Düften erfüllten Restaurant »Saurabh« im Sassoon-Dock-Viertel. Viele waren der Ansicht, dass man im Saurabh die besten Masala Dhosas von ganz Bombay bekam – und das in einer Stadt, in der fünftausend Restaurants um diese Ehre wetteiferten. Trotz – oder vielleicht gerade wegen – seines guten Rufes war das Saurabh klein und relativ unbekannt. Es fand weder Erwähnung in Reiseführern noch in den Feinschmeckerkolumnen der Tageszeitungen. Es war ein Arbeiterrestaurant, von morgens bis abends gut besucht von Männern und Frauen, die es über die Maßen schätzten und niemandem davon erzählten. Die Mahlzeiten kosteten dementsprechend nicht viel, und die Einrichtung war funktional und schnörkellos, doch alles war makellos sauber, und die knusprigen segelgroßen Dhosas, die von den Kellnern im Laufschritt zu den Tischen gebracht wurden, enthielten die köstlichste Gewürzmischung von ganz Bombay.

»Für mich«, fuhr Khader fort, »verhält es sich andersherum. Für mich ist das entscheidende Kriterium, inwieweit ein Verbrechen eine Sünde ist. Du hast mich gerade gefragt, warum wir nicht mit Prostitution und Drogen Geld verdienen, wie die anderen Mafia-Klans, und ich antworte dir: wegen der Sündhaftigkeit dieser Verbrechen. Deshalb verkaufe ich grundsätzlich keine Kinder, Frauen, Pornografie oder Drogen. Deshalb lasse ich solche Geschäfte in meinen Gebieten nicht zu. Diese Verbrechen sind so sündhaft, dass man für den Profit, den man aus ihnen schlägt, seine Seele verkaufen muss. Wenn man das aber einmal getan hat, kann man sie nur durch ein Wunder zurückgewinnen.«

»Glaubst du an Wunder?«

»Aber sicher. Im Grunde unseres Herzens glauben wir alle an Wunder.«

»Ich fürchte, ich nicht«, bekannte ich lächelnd.

»Oh, du ganz sicher auch«, beharrte er. »Würdest du nicht sagen, dass deine Rettung aus dem Arthur-Road-Gefängnis ein Wunder war?«

»Zumindest kam es mir damals wie ein Wunder vor, das muss ich zugeben.«

»Und als du in deiner Heimat, in Australien, aus dem Gefängnis ausgebrochen bist, war das nicht auch ein Wunder?«, fragte er leise.

Es war das erste Mal, dass er meinen Gefängnisausbruch erwähnte. Ich hatte natürlich angenommen, dass er davon wusste und sich oft darüber Gedanken gemacht hatte. Doch indem er dieses Thema nun ansprach, verdeutlichte er mir, was es mit meiner Errettung aus dem Arthur-Road-Gefängnis tatsächlich auf sich hatte. Tatsache war, dass er mir zwei Gefängnisaufenthalte erspart hatte – einen in Indien und einen in Australien – und ich doppelt in seiner Schuld stand.

»Ja«, erwiderte ich langsam, aber mit fester Stimme. »Es war wohl wirklich eine Art Wunder.«

»Wenn du nichts dagegen hast – das heißt, wenn es nicht quälend für dich ist –, würde ich gern etwas mehr über deine Flucht aus diesem Gefängnis in Australien erfahren. Vielleicht sollte ich aber noch dazu sagen, dass ich deine Flucht – aus ganz persönlichen Gründen – faszinierend finde und zutiefst beeindruckt bin.



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